Anlenkung und Setup
Im Artikel über die Komponenten habe ich Dir bereits kurz und knapp einen Überblick über die Servos gegeben.
Kernaussage war:
- Größenordnung: 9g-Klasse bzw. Micro-Servos
- Digitale Servos bevorzugen
- Metallgetriebe für Taileronsteuerung
- Kunststoffgetriebe für alle anderen Ruderflächen
Jetzt soll es darum gehen, wie Du die Ruderflächen jeweils einzeln anlenkst, wie die dazu erforderlichen Steuergestänge befestigt werden, wie Du die Ausschläge ermittelst und einstellt und andere Raffinessen, die in ihrer Gesamtheit dazu beitragen, Dein Flug- bzw. Steuergefühl zu optimieren.
Und glaube mir, es ist ein anderes Setup, als Du es möglicherweise gewohnt bist.
Am Ende wird Du den Flug fühlen können.
Vorab sei gesagt, dass Du das Meiste inzwischen auch am Sender programmieren kannst, aber das ist nicht der „gute alte Weg“. Dein Ansatz sollte sein, zunächst alles (!) was mechanisch möglich ist, auch mechanisch einzustellen. Nur da, wo etwas nicht gelingt oder später einmal verändert werden soll, z.B. um etwas auszutesten, verwendest Du die Fernsteuerung. Feintuning sozusagen.
Gehen wir der Reihe nach vor, Schritt für Schritt, denn dies beginnt schon bei der Auswahl des benötigten Materials.
Hierbei setzte ich wieder auf Affiliate Links (die Erklärung dazu befindet sich am Ende der Seite) und kennzeichne diese mit einem Sternchen*. Sie sollen Dir nur eine Orientierung geben und sind meine Empfehlung.
Für Dich kommen nur Ruderhörner mit einer Gegenplatte in Frage, wobei natürlich eine schraubbare Verbindung im weichen Depron nicht möglich ist. Die Firma Arkai, aber auch Andere, bietet
diese Ruderhorn-Sets* an, bei dem ein Schlitz ins Depron geschnitten und das Ruderhorn hindurchgesteckt wird. Die Gegenplatte wird einfach aufgesteckt und verriegelt, ähnlich einem Kabelbinder, von selbst. Dazu noch eine bisschen Uhu-Por oder Sekundenkleber, das hält. Ich fertige mir noch gerne eine größere Auflage aus 0,8 oder 1mm
Birkensperrholz* an, um die Kräfte etwas zu verteilen, aber dazu mehr an späterer Stelle.
Diese
Z-Zange oder Abkröpfzange* ist ein Luxusgegenstand, also völlig unnötig. Dennoch vereinfacht sie das Leben deutlich, da wo eine exakte Z-Biegung notwendig ist. Mit einer Kombizange allein schaffe ich das nicht. Die Zange ist bis 1,8mm geeignet, mit einer staken Hand schaffst Du aber auch bis 2,5mm, wobei die Ecken etwas rund werden (s. Foto).
An allen Servohörnern sind diese „Quick Connectors“ verbaut. Du findest Sie auch unter den Begriffen „Linkage Stoppers“ oder „Gestängestopper“ oder „Gestängeanschluss“. Ich verwende
diese günstigen Modelle*, muss mir aber die Löcher teilweise auf 2,2mm aufbohren. Der absolute Vorteil ist die schnelle Justierung der Gestänge: Madenschraube lösen, Gestänge anpassen, Madenschraube festziehen. Das funktioniert mit Carbon und Stahl gleichermaßen. Dort wo Du nur schwer an die Servos herankommst, verwende lieber eine einfache Z- Biegung und löse die Justierungsfrage ausnahmsweise am Ruderhorn, etwa durch verstellbare Gabelköpfe oder eben diese Quick Connectors.
Wo immer Du keine Möglichkeit hast, an ein Carbonrohr einen Draht zu kleben (der dann eine Z- Biegung erhält), verwende
diese Gabelköpfe*
und klebe sie direkt auf das Rohr. Sofern Du Draht verwendest, schneide Dir ein Gewinde und verwende diese Gabelköpfe ebenfalls, um eine zusätzlich Möglichkeit zum Justieren zu haben.
Carbonstangen, Stahldraht, Führungsröhrchen. All dies verlinke ich Dir hier nicht, denn das bekommst Du in fast jedem Baumarkt oder großen Elektronikanbietern wie Conrad oder Reichelt. Idealmaß ist ein Durchmesser von 2mm. Ich empfehle Dir hier ein Starterset mit Durchmessern von 1,8, 2,0, 2,2 und 2,5mm. Die tatsächliche Dicke hängt ab von der zu überbrückenden Entfernung und die Materialwahl von der Geometrie, d.h. entweder gerade Linien (=Carbon) oder Biegungen (= Stahldraht).
Wenn Du die Stahldraht-Variante häufiger benutzt, denke am Besten über einen
Gewindeschneider* nach. Ich benutze schon seit Jahren dieses Modell und bin aufgrund des Preis-Leistungsverhältnis äußerst zufrieden. Ähnlich wie die Z-Zange ist dies aber ein Luxusgegenstand.
Wie immer beginnt ein ordentliches Setup nicht erst bei der Programmierung der Servoausschläge, sondern bereits ganz am Anfang: Dem Einbau.
Servos müssen stabil im Depron befestigt und fixiert sein. Sollten sie nicht fest eingeklebt worden sein, werden Sie sich unter Belastung möglicherweise bewegen, die Steuerung bekommt Spiel und im schlimmsten Fall werden sie sich irgendwann lösen.
Achte auf Folgendes:
2. Einbau der Ruderhörner
Verwende ausschließlich steckbare Ruderhörner aus Nylon. Selbstverständlich kannst Du aus Allem irgendwie ein Ruderhorn anfertigen, aber die Befestigungstechnik bleibt dann immer dieselbe: Man schneidet einen Schlitz ins Depron und klebt es ein. Damit ist das Ruderhorn aber nicht stabilisiert und hat auch kein Gegenstück, dass es sichert. Ich rate aus Erfahrung davon ab. Wie ich Dir in den Bauberichten zeigen werde, stabilisiere ich die Ruderhörner noch mit einer zusätzlichen Auflage aus
Birkensperrholz*. Dazu schneidest Du Dir mit einer Schere aus dem Birkensperrholz kleine Rechtecke (z.B. 1x2 oder 1x3cm) und bohrst mehrer Löcher nebeneinander in er Mitte hindurch, die Du dann mit einem Messer oder einer Feile verbindest, so dass ein Schlitz entsteht.
Achte auf Folgendes:
3. Gestänge und Anlenkung
Um die Servoarme mit den Ruderhörnern zu verbinden, benötigst Du eine Anlenkstange, welche entweder aus einer 2-2,5mm Carbonstange oder -rohr oder Fedderstahldraht besteht.
Um die Anlenkstange zu befestigen gibt es viele Möglichkeiten, wovon ich Dir meine Favoriten vorstellen möchte. Achte jedoch darauf, dass ein Ende immer gut zugänglich und in der Länge verstellbar bleibt. Und vergiss hier gleich die in anderen Ratgebern oftmals gesichteten Verbindungen mit Schrumpfschlauch. Wir fliege hier Jets mir entsprechenden Belastungen und Geschwindigkeiten, keinen 200g Ultra-Slow-Flyer für die Halle.
Carbonstange oder -rohr:
Nicht verstellbar:
Verstellbar:
Federstahldraht:
Nicht verstellbar:
Verstellbar:
Manchmal kann es erforderlich sein, über zwei (!!!) Knicke im Gestänge, die Ruderflächen mit den Servos zu verbinden. Dadurch können Servo und Ruderhorn rechtwinklig, bzw. in versetzter, aber dennoch gerade Linie, angesteuert werden. Auf keinen Fall sollten der Draht eine Biegung (Kurve) aufweisen. Beispiele hierfür findest Du
in der Galerie. Insbesondere kannst Du dies sehr schön am Seitenruder der SU-27 und am Eurofighter erkennen.
Im Gegensatz zu Draht, lässt sich Carbon nicht biegen und scheidet für derartige Konstruktionen aus.
Stabilität
Sollten die Rudergestänge einen zu langen Weg überbrücken, kann es sein, dass Sie sich verwinden bzw. verbiegen. Sofern Du nicht einfach größere Durchmesser verwenden kannst oder möchtest, kannst Du als Lösung die Servos nach hinten versetzen. Dies geht natürlich nur, falls dies aufgrund des Flugzeugbauform möglich ist und Du die Schwerpunktverlagerung kompensieren kannst, z.B. indem Du den Akku nach vorne verschiebst. Dass das Servogetriebe nach hinten zeigt, um etwas Gestänge einzusparen ist Ehrensache. Eine andere Möglichkeit ist, das Gestänge in eine Rohr zu schieben oder in dieses einzukleben, wodurch Du Stabilität gewinnst, alternativ schienst Du dein Gestänge in der Mitte mit einem weiteren Draht und Carbonstab, indem Du es mit Schnur umwickelst und mit Sekundenkleber tränkst und/oder Klebeband verwendest.
Ist der Einbau der Hardware abgeschlossen, gilt es, den Servoarm (oder Servohorn) und das Ruderhorn miteinander zu verbinden, bzw. eine der vielen möglichen Einstelloptionen zu wählen.
1. Servoarm justieren:
Bevor Du die Ruderflächen ansteuerst, muss Du Dir überlegen, wie agil Dein Modell später werden soll. Herstellerseitig sind die Angaben meist der Bauanleitung zu entnehmen, für Eigenbauten hilft nur Erfahrung oder meine Daumenregel, vorausgesetzt du hältst die Dimension eines Parkjets ein, also 75cm Spannweite und 100cm Länge (plus/minus).
Die genauen Werte müssen in jedem Fall erflogen werden.
Ausschlag je Seite (als grober Anhalt):
Messen kannst Du mit einer speziellen Vorrichtung aus dem Fachhandel, ich habe aber eine einfachere Lösung für Dich:
Ein Geodreieck oder dieser Halbkreis Winkelmesser*. Einfach grob anhalten, dann passt das ungefähr. Bei Seitenrudern schiebe ich das Dreieck gerne unter die Ruderflächen und kann den Wert bequem ablesen. Mach bloß keine Wissenschaft daraus. Wichtig ist nur, dass beide Ausschläge absolut symmetrisch sind und noch viel wichtiger bei doppelten Seitenrudern: Deckungsgleich.
Ungenauigkeiten in der Symmetrie rächen sich später beim Flug, indem Steuerimpulse gemischt werden und beispielsweise dein Höhenruderimpuls gleichszeitig einen Querruderimpuls auslöst. Damit wird Dir nie ein sauberer Looping gelingen.
Über dieses Thema und die Suche nach der Auflösung habe ich einen kompletten Artikel im Premiumbereich geschrieben, für Alle die es genau wissen möchten. Und auch im Baubericht der F-18 (Abschnitt: Programmierung und Setup) habe ich es Dir ausführlich dargestellt.
Glaubs mir - 90% der Modellflugpiloten halten sich nicht an diese Regel. Ich kann Dir nur nicht sagen warum.
Die Kurzfassung lautet:
Erklärung:
Du hängst, wie von vielen Herstellern vorgeschlagen, Dein Rudergestänge in die Mittelposition von Servoarm und Ruderhorn ein. Ohne Anpassungen am Sender erreichst Du damit den erforderlichen Ausschlag von +/- 30mm. Soweit so gut.
Durch die Erhöhung des Servoweges (Travel Adjust) am Sender kann sich der Servoarm und das daran befestigte Gestänge nun weiter bewegen. Dein Ausschlag beträgt nun +/-40mm. Um wieder auf den Ausgangswert zu kommen, erlaubt Dir die Anpassung nun, das Gestänge umzuhängen, vorzugsweise zunächst am Ruderhorn (ganz nach außen) und danach, sofern erforderlich, am Servoarm (nach innen).
Mit dieser Methode erzielst Du die höchstmögliche Auflösung deiner Servos und kannst auf Expo nahezu völlig verzichten, was wiederum eine besseren Steuergenauigkeit über den gesamten Knüppelweg ermöglicht. Das Ergebnis Deiner Bemühungen ist eine feinfühlige, präzise Steuerung - Du fliegst, wie auf Schienen.
Das Grundsetup, also ohne Dualrate, entspricht dabei dem normalem Flugbetrieb und beinhaltet die maximalen Ruderausschläge. Per Dualrate am Sender werden die Ausschläge für Start und Landungen verkleinert und ggf. noch etwas Expo zugemischt.
Exkurs:
Expo ist die Möglichkeit, die Steuerimpulse um die Mitte zu "drosseln". Laut Lehrbuch verstellt man die Steuercharakteristik so, dass der betroffene Kanel (Quer, Höhe,Seite) nicht mehr linear verläuft, sondern exponentiell. Angeblich soll es eine feinfühligere Steuerung um die Mittelposition ermöglichen, ohne die maximalen Ausschläge zu reduzieren.
QUATSCH, sage ich. Expo ist ein Zeichen für zu große Steuerausschläge, falsche Positionierung der Gestänge oder verkürzte Servowege. Ich beschreibe dies detailliert und umfassend im "Premiumbereich", denn jeder kennt die Piloten am Platz, deren Modelle irgenwie sprunghaft, zickig, unkontrolliert oder hektisch wirken. Es liegt nicht (immer) am Piloten.
Vorab: Um die Mitte etwas sensibler lasse ich noch gelten, denn ich fliege selber immer mit etwas Expo (ca. 10-15%) aber Alles danach ist "Legende". Die ersten 50% Ausschlag kommen noch sehr sanft, aber die zweiten 50% liegen dafür auf dem letzten Bruchteil des Knüppelweges. Keine Ahnung, wer so etwas erfunden hat, aber zumindest für Depronjets funktioniert diese Theorie nicht - wie vieles andere auch nicht.
Zum Schluss noch ein paar Worte zum Setup, da Du zwar nun weißt, wie Du die Gestänge einhängst, nicht aber, wie die Kombination der Anlenkung der einzelne Servos erfolgt.
Bei jedem Bauprojekt erkläre ich Dir die Gründe und Überlegungen für das entsprechende Setup und dieses ist nicht immer gleich. Du musst Dir nicht unbedingt von Anfang an sicher sein, wie viel Ruderflächen Du benötigst. Kernaussage ist aber, dass stets jede Ruderfläche von einem eigenen Servo angesteuert wird, denn dies erlaubt Dir im Laufe der Zeit alle gewünschten Anpassungen.
Wenn Du magst, kannst Du auch von Anfang an direkt alle Servos verbauen (in den meisten Fällen sind dies 6 Servos) aber zunächst noch nicht alle Ruderflächen aktivieren, bzw. vorerst den Servoweg auf 0 stellen.
Allein ein Flugzeug optimal zu konfigurieren, ist abhängig von Typ, Gewicht und Luftwiderstand, also der Flugzeugzelle und kann Dich locker einen ganzen Tag am Flugplatz kosten: Fliegen, Einstellen, Fliegen, Überprüfen, Fliegen, LiPos laden, Fliegen usw.
Aber genau das ist das Schöne daran - es gibt keine Grenzen.
Auf die Gefahr, mich zu wiederholen:
Auch „nur“ mit Tailerons fliegen die Depronjets super.
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last edit: 29.10.2024