Tipps für die Konstruktion und den Bau
Aerodynamik - das klingt nach Schule, Hörsaal, Physik und Mathe. Aber anstatt Dich mit Formeln und Herleitungen zu langweilen, erkläre ich Dir, welche Einflussfaktoren es auf Dein Kampfjet gibt. Viel wichtiger ist jedoch, wie diese wirken und wie sie sich beeinflussen lassen - vorzugsweise zu Deinen Gunsten.
Dass es 4 große Einflussfaktoren auf die Flugeigenschaften eines jeden Flugzeuges gibt, hat sich herumgesprochen und ich setzte voraus, dass diese geläufig sind. Die Basics habe ich Dir bereits im
Artikel über die Tragflächenprofile beschrieben, hier geht es aber nun um die Praxis.
Ein Gegenstand (hier ein Flugzeug) soll fliegen. Es hat ein Eigengewicht und von Natur aus keine Bestrebungen, die Erdoberfläche zu verlassen. Die nach vorne gerichtete Kraft ist der Schlüssel. Durch den Schub wird die Tragfläche durch die Luft bewegt und erzeugt Auftrieb. Durch den Auftrieb wird das Gewicht überwunden und das Modell fliegt. Der zeitgleich erzeugte induzierte Luftwiderstand und der konstruktive Luftwiderstand bremsen das Modell wieder ab und der Schub muss diesen Faktor nun ebenfalls noch kompensieren.
Jede Veränderung eines der Werte (Flugzeugzuladung, größerer Motor, strömungsgünstiges Tragflächenprofil) führt zu einer Kette von Effekten und darf niemals isoliert betrachtet werden.
In diesem Beitrag möchte ich Dir konkrete Tipps und Tricks geben, die die Konstruktion Deines Modells betreffen. Angefangen von der Erstellung oder Modifikation der Baupläne über den Bau mit Kleber und Lack bis hin zum Einstellen des Schwerpunktes. Genügend Themenfelder mit denen Du „spielen“ kannst, um die Flugeigenschaften und die Stabilität zu Deinen Gunsten und Vorlieben zu beeinflussen.
Was ist dies hier nicht:
Eine physikalisch korrekte Aufarbeitung anhand wissenschaftlicher Regeln und mathematischer Modelle. Und auch kein Copy Paste aus Wikipedia.
Was ist es denn dann?
Eine Sammlung von Tipps und Daumenregeln, welche physikalischen Auswirkungen Dein Depronjet betreffen und wie Du diese zu Deinem Vorteil nutzt. Alle Regeln sind von mir erprobt und aus der Erfahrung niedergeschrieben und gelten vermutlich nur für meine Modelle und meinen Flugstil. Wenn diese von wissenschaftlichen Erkenntnissen abweichen, lag es an mir :-)
Diese Übersicht ist nicht abschließend und wird regelmäßig ergänzt, denn auch ich lerne ständig dazu.
1.1. Begrifflichkeit:
Auftrieb zu erzeugen ist das Ziel aller Bemühungen. Solange das Flugzeug nicht leichter als Luft ist, müssen die Tragflächen (und Hilfsflächen, z.T. auch nahezu das gesamte Flugzeug, s. F-22) den Auftrieb erst noch produzieren.
Das Gewicht ist dabei der Gegenspieler des Auftrieb. Es muss durch diesen überwunden werden, damit das Flugzeug überhaupt fliegt.
1.2. Daumenregeln:
1.3. Maßnahmen:
Planungsphase
Bauphase
2.1. Begrifflichkeit:
Gewicht ist das eigentliche Problem aller Überlegungen, denn um zu fliegen, muss es durch den Auftrieb überwunden werden.
Das Gesamtgewicht (Brutto- oder Abfluggewicht) eines Depronjets setzt sich zusammen aus:
Genügend Spielraum also, hier Einsparungen vorzunehmen. Während der Auftrieb und der Luftwiderstand maßgeblich durch die Form des Flugzeuges vorgegeben sind, kannst Du hier am meisten Faktoren beeinflussen - jedes Gramm zählt.
2.2. Daumenregeln:
2.3. Massnahmen:
Planungsphase
Bauphase:
3.1. Begrifflichkeit:
Schub ist notwendig um den Auftrieb zu produzieren. Er muss dabei zusätzlich den Luftwiderstand überwinden.
Der Schub ergibt sich aus:
Mehr Schub bedeutet in erster Linie mehr Luft, die über die Tragflächen fließt. Weiterhin ermöglicht er dem Flugzeug schnellere Fluggeschwindigkeiten, die jedoch ein Maximum haben. Ab dieser Geschwindigkeit hat auch ein größerer Motor keinen messbaren Effekt mehr (s. Widerstand). Das sogenannte "Schub zu Gewicht Verhältnis" sollte bei mindestens 0,8, besser aber über 1,0 liegen, also sollte der Antrieb das Jet senkrecht nach oben ziehen - aus dem Stand. Du kannst dies bei den Herstellern der Motoren nachlesen, mit dem DriveCalc Programm berechnen oder einfach testen. Halte das Modell senkrecht nach unten hängend, an der Nase fest und gib Gas.
3.2. Daumeregeln:
3.3. Maßnahmen:
Planungsphase
Bauphase:
4.1. Begrifflichkeit:
Widerstand bremst die Fluggeschwindigkeit und somit zumindest mittelbar den Auftrieb. Jedes Modell hat eine Maximalgeschwindigkeit, die von der Bauform abhängt. Irgendwann ist der Widerstand so groß, dass auch ein etwas größerer Motor keine Steigerung mehr bringt.
Es gibt 2 Arten Widerstand:
a) Konstruktionsbedingter Widerstand (Bauform)
Wird produziert und beeinflusst durch:
Folge: Insbesondere bei Gegenwind wird das Jet stark abgebremst und zwar, je höher der konstruierte Widerstand ist. Also benötigst Du gegen den Wind wesentlich mehr Schub (Folge: kürzere Flugzeit).
b) Induzierter Widerstand
Dieser entsteht erst durch die Bewegung in der Luft (analog zur Reibung). Induzierter Widerstand ist extrem dramatisch, denn er steigt überproportional (im Quadrat) mit dem Auftrieb, der wesentlich von der Geschwindigkeit abhängt. Somit ist die Höchstgeschwindigkeit limitiert, denn irgendwann wird der induzierte Widerstand so hoch, dass es keinen geeigneten Antrieb gibt, diesen zu überwinden oder die Stabilität der Flugzeugzelle an seine Grenzen kommt.
4.2. Daumenregeln:
4.3. Maßnahmen:
Planungsphase
Bauphase
Irgendwie ist es seltsam: Du drehst eine Schraube und veränderst gleichzeitig eine Andere. Manches hebt sich gegenseitig auf, manches verstärkt sich. Dazu 3 Beispiele:
Experimentiere etwas herum und finde den optimalen Punkt für Dich. Vieles kannst Du während der Bauphase bereits optional planen. Etwas zu groß dimensionierte Tragflächen lassen sich mit dem Skalpell am Platz schnell einkürzen. Für den Antrieb hast Du eine kleine Sammlung unterschiedlicher Propeller, wenn nicht gar Motoren, immer dabei und das Gewicht lässt sich durch den LiPo und/oder Bleigewichten schnell anpassen. Und selbst größere Modifikationen lassen sich nach dem Erstflug im noch umlackierten Zustand vornehmen. So kannst Du ganze Leitwerke oder Ruderflächen austauschen oder die Tragflächen noch aerodynamischer schleifen.
Wenn es nur nicht so komplex wäre, an die Folgen der getroffenen Entscheidungen zu denken.
Ich beobachte immer wieder Modellbauer, die so originalgetreu wie möglich bauen wollen - und dies auch sehr gut können.
Während des Fluges bemerken die Piloten dann jedoch, dass das Modell nicht besonders gut fliegt (irgendwie schwammig), deutlich mehr Motorkraft benötigt und die Flugzeit geringer ist. Die Sinkrate ist sehr hoch und der Gleitweg miserabel. Das Flugzeug lässt sich nur schwer trimmen und Anpassungen des Schwerpunktes laufen ins Leere, obwohl doch reichlich Gewicht verwendet wurde. Zu allem Überfluss neigt das Modell zu deutlichen Abkipptendenzen (Stall) und Starts und Landungen erfolgen garantiert nicht, wie beim großen Vorbild.
Woran liegt dies ?
Vorab: Ich bin immer noch kein Physiker und bei dem hier vermittelten Wissen reicht es auch nicht für ein Aerodynamikstudium. Vermutlich würde mich mein Physiklehrer mit einer zusammengerollten Zeitung aus dem Schulgebäude jagen.
Aber so schwer ist es auch wieder nicht und auf komplexe Berechnungen werden wir verzichten - keine Sorge also.
Das Konzept haben bereits einige wenige Hersteller für ihre kreativen Eigenentwicklungen erkannt und stellen den Scale-Aspekt neuerdings hintenan. (https://hsdjetsusa.com/hsdjets-hf-16-foam-turbine-belgian-colors-pnp ; keine Empfehlung, aber sieh Dir die Tragflächen einmal an). Allerdings scheint sich „Scale“ besser zu verkaufen, wie asiatische Hersteller beweisen.
Aerodynamische Gesetzte
Die Luft besteht aus Molekülen, die eine gewisse Größe haben. Je nach Temperatur, Höhe und Feuchtigkeit befinden sich mehr oder weniger davon in der Umgebung. Auf Meereshöhe an einem kalten, trockenen Tag mehr, als an einem heißen Tag im Gebirge, kurz vor einem Gewitter.
Dies beeinflusst die Flugleistungen eines jeden Flugzeuges. Hinzu kommt eine gewisse Viskosität, also Zähflüssigkeit, der Luft, die natürlich kleiner als Wasser oder Öl ist, aber sie ist dennoch vorhanden.
Jetzt kommst Dein Modellflugzeug im Masstab 1:10 dahergeflogen.
Meinst Du, die 10fach größeren Luftmoleküle interessieren sich für das Modell ? Im günstigsten Fall machen sie wenigstens etwas Platz und erlauben dem Modell zwischen ihnen hindurchzugleiten. Für das Modell fühlt es sich das so an, als würde es durch Öl oder Honig fliegen (ich übertreibe etwas). Die physikalischen Strömungsverläufe können sich nicht wie beim Original einstellen und das Flugverhalten wird in jedem Fall anders sein.
Durch höhere Fluggeschwindigkeiten oder Anpassen der Tragflächenprofile kann hier ein entsprechender Einfluss genommen werden, oder was glaubst Du, warum Indoor-Slowflyer meist extrem dünne, aber dafür gewölbte Tragflächenprofile besitzen ?
Mathematik
Dein Modell kannst Du verkleinern wie Du magst - Die Mathematik wirst auch Du nicht austricksen. Ein Blick in die Formelsammlung reicht, um zu erkennen, dass in der Aerodynamik vieles überproportional verläuft, also „x hoch irgendwas“.
Bei einem Maßstab von 1:10 wird die auftrieberzeugende Flügelfläche um den Faktor 100 (!) kleiner, ebenfalls erhöht sich der induzierte Luftwiderstand im Flug ebenfalls um diesen Faktor. Die Geschwindigkeit dürfte dann mit 1/10 nicht ausreichend sein. Es wird weder genügend ‚Auftrieb erzielt, noch der (Luft-)Widerstand überwunden. Einen Absturz oder Strömungsabriss wirst Du da vermutlich nicht riskieren, denn ich vermute, dass dieses Modell gar nicht erst abheben wird. Solange Du also keine Möglichkeit gefunden hast, auch die Luft im Maßstab 1:10 zu verkleinern, sollte Du andere Wege beschreiten. Und denke doch mal an das Gewicht, was Dein Modell im Maßstab 1:10 eigentlich wiegen müsste, wenn Du "scale" ernst meinst... Kleiner Tipp: Faktor 1000, oder für Mathenerds: 3. Wurzel.
Folgerung:
Fazit:
Du musst Dich entscheiden. Entweder originalgetreu, soweit dies bei einem Depronjet durch das Antriebskonzept möglich ist oder für den Flug optimiert. Im ersten Fall beeindruckst Du Deine Zuschauer am Boden durch ein tolles selbstgebautes Modell beliebiger Größe, im anderen Fall durch extreme Flugmanöver.
Natürlich sind auch Kompromisse möglich.
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last edit: 29.10.2024